Ethik, Ökonomie und Medizin Vortrag 2016

Dipl. Kfm. Dipl. Pol. Rüdiger Strehl
Viktor-Rennerstr. 20, 72074 Tübingen

 

 

 

 

 

Rüdiger Strehl setzt sich mit einem brisanten, gleichwohl höchst aktuellen Thema auseinander: Wie sich die Medizin heute zwischen ethischer Verantwortung und ökonomischen Zwängen behaupten kann. Strehl geht mit einer Reihe von Mythen ins Gericht. Hilft die Ethik den Medizinern? Die Antwort: ein nein, denn von den Profi- und Amateur-Ethikern gibt es keine Vorschläge, wie man dieses Spannungsfeld lösen könnte. Mythos Nummer 2: Die Mär von der Kostenexplosion. Einerseits die Argumente für die Kostenzunahme: demographischer Wandel, medizinisch-technischer Fortschritt, Fehlanreize im Gesundheitswesen, epidemiologische Transition. Strehl macht das Problem ganz woanders aus: bei der Politik, die ordnungspolitisch versagt hat und der es nur auf den Machterhalt mit Blick auf die nächsten Wahlen, ankommt. Auch Mythos Nummer 3 versucht mit der Verteufelung des DRGs aufzuräumen. Die DRGs seien nicht für die flächendeckende Ökonomisierung verantwortlich. Die Lücken im DRG-System, so Strehl, betreffen nur wenige Disziplinen, ansonsten sieht er statt einer durchgängigen Kostenunterdeckung eher eine eklatante Überdeckung. Mythos Nummer 4: die angeblich noch ungehobenen Wirtschaftlichkeitsreserven. Die sind realiter bis auf wenige Ausnahmen ausgeschöpft. Mythos Nummer 5, die Qualität als Ablenkungsmanöver. Strehl zweifelt daran, ob eine hohe Qualität den Ökonomisierungsdruck beseitigt. Ob die Zertifizierungswut realiter Qualität hervorbringt und die Wirtschaftlichkeit steigert, es ist zu bezweifeln. Die Politik wirft lieber für den Dokumentationswahn Geld zum Fenster raus als es in die Versorgung zu stecken. Ohne eine Neuordnung wird sich nichts ändern: Die Wurzeln der Ökonomisierung sind zu kappen. Das heißt: Entkoppelung der ökonomischen Steuerung von Branchen (Kassenfinanzierung) und Leistungsanbietern (Finanzen der Krankenhäuser und Vertragsärzte, Umstieg von dualer auf monistische Finanzierung, Abbau von Überkapazitäten, Änderung im Tarifrecht, Neuordnung der Preisbildung von Arzneimitteln und Medizinprodukten durch den Gesetzgeber.