Hepatologie Vortrag 2014

 

Prof. Dr. med. Michael Geißler

Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Onkologie/Hämatologie, Gastroenterologie und Infektiologie
Klinikum Esslingen a. N.
Hirschlandstr. 97; 73730 Esslingen
Tel.: 0711 3103-2451

m.geissler@klinikum-esslingen.de

 

 Prof. Dr. med. M. Geißler ist seit 2005 Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Onkologie/Hämatologie, Gastroenterologie und Infektiologieam Klinikum Esslingen. Er ist Mitglied in zahlreichen deutschen und internationalen Fachgesellschaften und Gutachter für wissenschaftliche Zeitschriften.

 

Schwangerschaft

Die intrahepatische Schwangerschaftscholestase kann effektiv und sicher mit UDCA behandelt werden. Auch das Outcome des Feten wird positiv beeinflusst.

Virale Lebererkrankungen

Hepatitis B und C sind häufiger als angenommen in der Allgemeinbevölkerung. Bis zu 3% bzw. 11% der Allgemeinbevölkerung in D hatten im Rahmen eines hausärztlichen Screenings eine HBV bzw. HCV Infektion !

HBV Impfung

Je älter Erwachsene zum Zeitpunkt der HBV Impfung sind, desto stärker sinken im Verlauf die Titer. Auch bei fehlendem anti-HBs Titer besteht nach Impfung ein Infektionsschutz vermittelt durch virusspezifische Gedächtnis T-Zellen. Bei geimpften Menschen ohne Risikofaktoren kann daher evtl. auch auf eine Booster Impfung verzichtet werden. Eine Impfung ist insbesondere bei Leberzirrhotikern essentiell, jedoch mit geringeren Ansprechraten assoziiert. Mit erhöhten Impfdosen kann der Impferfolg gesteigert werden.

Therapie

Entecavir und Tenofovir haben eine vergleichbare Effektivität, auch bei zirrhotischen Patienten. Tenofovir kann sicher bei Adoleszenten eingesetzt werden. Bedeutsam ist die Beobachtung, dass sich eine Leberzirrhose unter einer mehrjährigen Tenofovirtherapie zurückbilden kann. Bei vorbehandelten Patienten mit älteren NUCs wie Lamivudin und Adefovir und Ausbildung einer Resistenz führt eine Umstellung auf Entecavir und Tenofovir zu einer wirksamen und sicheren Viruskontrolle. Die Kombinationstherapie von Tenofovir und Entecavir ist einer Monotherapie mit Entacavir nicht überlegen. Lediglich bei hochvirämischen HBeAg+ Patienten war die Kombinationstherapie mit einer höheren Rate an HBV-DNA Negativität assoziiert. Nach einer NUC Langzeittherapie mit niedrigen HBsAg Konzentrationen kann ein Wechsel auf PEG IFN zu einer erhöhten Serokonversionsrate bedingt durch Aktivierung von antiviralen Killerzellen führen. Der Endpunkt eines HBsAg Verlustes ist stabil.

Schwangerschaft

Insbesondere bei hochvirämischen Müttern kommt es trotz aktiver und passiver Impfung des Neugeborenen in 10-30% zu einer vertikalen Virustransmission. Neue NUCs wie Tenofovir oder Telbivudin können effektiv und sicher im 2. und 3. Trimenon der Schwangerschaft eingesetzt werden. Eine neue Studie zeigte darüber hinaus, dass Telbivudin über die gesamte Schwangerschaft hinweg sicher verabreicht werden kann.

Lebertransplantation

Nach Transplantation einer HBV-assoziierten Leberzirrhose wird die Reinfektion des Spenderorgans bislang durch die Gabe von Immunglobulinen und dem relativ schwach wirksamen NUC Lamivudin verhindert. Auf die teure Immunglobulingabe kann zukünftig verzichtet werden, wenn neue NUCs wie Entecavir oder Tenofovir mit hoher genetischer Barriere eingesetzt werden.

HCV Prävention

Das sexuelle Übertragungsrisiko des Virus bei monogamen heterosexuellen Paaren, bei denen ein Partner infiziert ist, liegt bei nur 0,07%/Jahr oder bei 1/190.000 sexuellen Kontakten.

Therapie

Unter einer Therapie mit PEG-IFNa kann, insbesondere bei Pat. mit art. Hypertonie, eine schwere Retinopathie auftreten. Ein augenärztliches Screening scheint indiziert. Die neuen Triple Therapien mit PEG-IFN, Ribavirin (RBV) sowie Boceprevir (BOC) oder Telaprevir (TVR) sind hocheffektiv beim Genotyp 1, aber auch teuer und mit Nebenwirkungen versehen. Unter einer Boceprevir Tripeltherapie liegen die SVR Raten höher bei Entwicklung einer Anämie als bei Patienten ohne Anämie. Die Anämiebehandlung hat auf die Therapieeffektivität keinen Einfluß. Die Compliance der TVR-basierten Triple Therapie kann verbessert werden, wenn die tägliche TVR Dosis nicht auf 3 sondern auf 2 Gaben verteilt wird.

Wegen der hohen Toxizität der aktuellen Triple Therapien ist es notwendig, einerseits IFN-freie Therapien und andererseits besser verträgliche hochpotente direkt antiviral wirksame Medikamente einzusetzen. Entsprechend ihrer Angriffspunkte werden aktuell neue NS3- (z.B. Faldaprevir, Simeprevir) und NS5a-Hemmer (Sofosbuvir, Daclatasvir) , nukleos(t)idische Polymerasehemmer (NUCs, z.B. Mericitabine) und nicht-nukleosidische Polymeraseinhibitoren (non-NUCs) untersucht. Sofosbuvir + IFNa+Ribavirin führt bei Genotyp 1 und 4 Patienten zu SVR Raten von 90%. Beim Genotyp 2+3 ist die Sofosbuvir Kombination einer Standardtherapie mit IFN/RBV nicht überlegen. Im nächsten Jahr werden darüberhinaus IFN-freie Therapien zum Einsatz kommen.

Ein weiterer vielversprechender Therapieansatz ist die Behandlung mit einer spezifischen microRNA, unter der bislang keine Resistenzentwicklungen gefunden wurde.

In der Leber hydroxiliertes 25(OH) Vit. D3 interagiert mit der Bildung von Virionen und scheint die Wirkung von IFN und Ribavirin zu verstärken. Evtl. kann die Vit. D Supplementierung also die Effektivität zielgerichteter und/oder immunmodulierender gegen das HCV gerichteter Therapien verstärken. Auch ein Vit. A Mangel ist mit einem Nicht-Ansprechen einer antiviralen Therapie assoziiert. Dagegen scheint eine Vit. B12 Substitution zu einem verbesserten Wirksamkeit der antiviralen Therapie zu führen.

Blüten- und Blattextrakte der Mariendistel werden seit Jahrhunderten zur Behandlung von Lebererkrankungen eingesetzt. Ein positiver Einfluß auf eine chron. HCV Infektion existiert nicht.

Lebertransplantation

Eine Triple Therapie bei Pat. auf der Warteliste ist mit einer hohen Rate an Therapieabbrüchen und hepatischen Dekompensationen assoziiert. Post-LTx werden die Triple Therapien besser vertragen und führen in bis zu 70% zu einem virologischen Ansprechen.

Virushepatitis in der Onkologie

Die Exacerbation einer chron. HBV Infektion unter Chemotherapie ist bei onkologischen Pat. ein hoch relevantes klinisches Problem. Lamivudin bietet hier nur einen partiellen Schutz, so daß Entecavir oder Tenofovir eingesetzt werden sollten. Neue Daten zeigen, dass auch bei okkulten HBV Infektionen (HBV DNA-, HBsAg-, anti-HBc+) in bis zu 30% Reaktivierungen unter Rituximab auftreten können. Ein engmaschiges Monitoring der HBV-DNA ist daher während einer Rituximab-haltigen Therapie notwendig. Eine Chemotherapie führt aber auch bei 10% der Patienten mit einer HCV Infektion zu einer akuten Exazerbation und bei 35% zu einer Virusreaktivierung. Dies gilt insb. für Rituximab, Gemcitabine, Cytarabine, Vinorelbine und Methotrexat,. Im Gegensatz zu HBV kommt es in der Regel aber nicht zu fulminaten Verläufen.

HEV

HEV Infektionen nehmen in D zu. Bevor die Diagnose einer medikamenten-assoziierten Lebererkrankung nach Ausschluß einer Hepatitis A, B, C gestellt wird, sollte immer auch eine HEV Serologie bzw. PCR bei positiver Serologie durchgeführt werden. HEV Infektionen finden sich in 15-20% der Fälle. Bei schweren akuten oder chronischen HEV Infektionen kann Ribavirin therapeutisch eingesetzt werden. Die optimale Dosierung ist aber noch offen.

Autoimmunerkrankungen Autoimmunhepatitis

Die AIH muß in den allermeisten Fällen als eine inkurable, dauerhaft imunsuppressiv zu behandelnde Erkrankung angesehen werden. Ähnliches gilt auch für andere Autoimmunerkrankungen wie D. mellitus Typ I, MS, Lupus oder RA. Das Absetzen der immunsuppressiven Therapie führt selbst bei Patienten mit langjährig normalen Leberwerten meistens zu einem Rückfall der Erkrankung. Insbesondere jüngere Patienten, Typ II und III AIH sowie extrahepatische Erkrankungsmanifestationen prädisponieren mit einem Rückfall. Späte Rückfälle auch nach Jahren sind nicht selten. Als Rescue Therapie bei Rezidiven oder schwer zu therapierenden Verläufen kann Infliximab verwendet werden.

PBC

In einer großen aus Großbritanien wurde gezeigt, dass Männer signifikant schlechter als Frauen auf eine UDCA Therapie ansprechen. Außerdem ist ein junges Alter bei ED ein negativer prädiktiver Marker für eine erfolgreiche UDCA Therapie. Rituximab könnte ein neues B-Zell depletierendes Therapeutikum der PBC insbesondere bei UDCA refraktären Pat. werden. Dass HCC Risiko ist 19-fach erhöht gegenüber der Normalbevölkerung.

Autoimuncholangitis

Mehr als 2-fach erhöhte Serumkonzentrationen von IgG4 sind neben der Histologie ein spezfisches Diagnostikum. Aber auch bei bei Patienten mit PSC mit oder ohne Cholangiokarzinom (CCC) finden sich erhöhte IgG4 Konzentrationen im Serum. Da CCCs sehr viel häufiger als Autoimmuncholangitiden sind, ist bei Strikturen im Gallenwegssystem auch bei erhöhten IgG4 Konzentrationen eine invasiv endoskopische und bildgebende Abklärung zum Ausschluß eines CCC und einer PSC bzw. einer Colitis ulcerosa notwendig. Die Messung von IgG4 in der Galle kann zu einer weiteren Erhöhung der diagnostischen Treffsicherheit führen.

NASH/NAFLD

Eine NAFLD findet sich bei knapp 50%, eine NASH bei 30% der westlichen Bevölkerung. RF: D.mellitus., Adipositas, fast food, Männer, wenig Bewegung, Hypertonie. Erhöhtes Ferritin korreliert mit fortgeschrittener Fibrose. Kaffee und Koffein ist mit einer Reduktion der Fibrose assoziiert. Es besteht ein erhöhtes Risiko für bakterielle Infektionen der Harnwege, Atemwege und Weichteilgewebe, insb. bei erniedrigten Vit. D Spiegeln. Die NAFLD ist ein relevanter unabhängiger Risikomarker für eine koronare Arteriosklerose. Therapie der Wahl sind kohlenhydrat- oder fettreduzierte Diäten. Wirksame Medikamente existieren nicht. Evtl. stellen selektive Caspase-Inhibitoren eine neue Behandlungsoption dar.

Leberwerte

Die erhöhte g-GT bei nicht-Leberkranken ist mit einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität assoziiert. Erhöhte Transaminasen und g-GT korrelieren darüberhinaus auch bei asymptomatischen Personen mit Atherogenese.

Leberzirrhose

Bei fortgeschrittenen dekompensierten Zirrhosen sollten keine beta-Blocker zur Senkung der portalen Hypertension eingesetzt werden. Bei therapierefraktärem Aszites (=fehlende Wirksamkeit einer diuretischen Therapie mit mind. 2 Diuretika) sind wiederholte Parazentesen notwendig. Auch hier sind beta-Blocker mit einem hohen Risiko einer hypotonen Kreislaufdysregulation assoziiert. Dies ist aufgrund der generellen Hypotonie aufgrund der peripheren Vasodilatation bei Zirrhosepatienten von Bedeutung. In einer Pilotstudie wurde eine Therapie mit Clonidin als wirksam zur Asziteskontrolle bei guter Verträglichkeit evaluiert. Pat. mit einem Hypersplenismus und Thrombozytopenie haben bei invasiven Eingriffen ein erhöhtes Blutungsrisiko. Der orale Thrombopoietin-Rezeptorantagonist Eltrombopag führt zwar zu geringerem Trnasfusionsbedarf, aber auch zu einer erhöhten Rate an Pfortaderthrombosen.

Die portale Hypertension wird idealerweise mittels Messung des Lebervenendruckgradienten bestimmt. Dieses Verfahren ist kompliziert und nur an wenigen Zentren verfügbar. Eine neue Methode ist die Elastographie von Leber und Milz, mit der eine portale Hypertension überwacht und mit hoher Genauigkeit das Vorhandens ein von Ösophagusvarizen vorhergesagt werden kann.

Die spontan bakterielle Peritonitis ist eine Komplikation, die mit einer sehr schlechten Prognose der Erkrankung einhergeht. Die empirische Standardtherapie mit Ceftriaxon i.v. ist nur bei ca. 60% der behandelten Pat. wirksam. Wenn nach 2 Tagen kein Abfall der Granulozyten >25% vorliegt, sollte daher die antibiotische Therapie umgestellt werden. Alternativ kann Piperacillin/Tazobactam als empirische Initialtherapie eingesetzt werden. Hier liegt die Wirksamkeitsrate bei 75%.

Nach großvolumiger Parazentese führt die teure Albuminsubstitution zu einem signifikant verbesserten Überleben im Vergleich zu den kostengünstigeren Plasmaexpandern und stellt daher die Therapie der Wahl dar.

Viele Patienten mit einer hepatischen Enzephalopathie weisen ursächlich portosystemische Shunts auf. Bei kompensierter Zirrhose kann eine Embolisation der Shunts sicher und effektiv durchgeführt werden.

Ein akutes Leberversagen auf dem Boden einer chron. Lebererkrankung ist mit einer hohen Mortalität assoziiert. Der Einsatz des Wachstumsfaktors G-CSF führt zu einem verbesserten Überleben bei diesen Patienten.

HCC

Ein Diabetes mellitus II ist mit einem 1,7 fachen Risiko für ein HCC bei HCV Patienten assoziiert. Ein Diabetes mellitus II bei Zirrhosepatienten sollte primär mit Metformin durchgeführt werden, weil dadurch dosiabhängig das HCC Risiko signifikant gesenkt werden kann.