Prof. Dr. med. Michael Geißler
Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Onkologie/Hämatologie, Gastroenterologie und Infektiologie
Klinikum Esslingen a. N.
Hirschlandstr. 97; 73730 Esslingen
Tel.: 0711 3103-2451
m.geissler@klinikum-esslingen.de
Prof. Dr. med. M. Geißler ist seit 2005 Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Onkologie/Hämatologie, Gastroenterologie und Infektiologieam Klinikum Esslingen. Er ist Mitglied in zahlreichen deutschen und internationalen Fachgesellschaften und Gutachter für wissenschaftliche Zeitschriften.
Im letzten Jahr gab es viele Neuigkeiten auf dem Gebiet der Virushepatitiden.
Hepatitis B
Bei den Nukleotidanaloga (NUCs), die die Virusreplikation hemmen, spielen Entecavir und Tenofovir wegen der niedrigen Resistenzbildung eine besonders wichtige Rolle. Der Nachteil beider Substanzen ist jedoch die Notwendigkeit einer dauerhaften Therapie. Derzeit noch laufende Studien zeigen, dass eine Kombination mit Interferon der Monotherapie mit einem dieser beiden NUCs überlegen ist. Damit werden Kosten und Therapiedauer sich in Zukunft sicherlich reduzieren lassen. In der Schwangerschaft besteht (insbesondere bei hochvirämischen Patientinnen) trotz passiver und aktiver Impfung nach der Geburt das Risiko einer vertikalen Transmission auf das Kind. Eine Amniozentese erhöht das Virusübertragungsrisiko auf das Kind um mehr als das 21-Fache; die Indikation einer Amniozentese ist daher kritisch zu hinterfragen. Schwangere HBV-Patientinnen sollten im 2. Trimenon mit einer antiviralen Therapie (wegen der niedrigen Unverträglichkeitsrate am besten mit Tenofovir) beginnen. Patientinnen ohne Leberschädigung sollten das Tenofovir nach der Entbindung absetzen, da die Substanz in die Muttermilch übergeht und man nicht weiß, ob sie dem Säugling schaden kann. Patientinnen mit Leberschädigung sollten dagegen lieber auf das Stillen verzichten und weiterhin mit Tenofovir behandelt werden.
Hepatitis C
Es gibt neu zugelassene orale Medikamente. Erstmals haben Hepatitis C-Patienten jetzt realistische Chancen auf Heilung:
Mit diesen neuen Medikamenten kann man nahezu alle Genotypen abdecken, allerdings sind die Kosten sehr hoch (Regressforderungsrisiko!).
Hepatitis E
In Deutschland ist eine rasante Zunahme der gemeldeten Fälle zu verzeichnen, da heute sorgfältiger diagnostiziert wird; erschreckend viele HEV-Transmissionsraten durch kontaminiertes Schweinefleisch! Immunsupprimierte Patienten haben ein hohes Risiko, sich über die Nahrung chronisch zu infizieren (Gefahr der Entstehung einer Leberzirrhose), während es normalerweise nur akute Infektionen gibt.
Nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD)/Nicht alkoholische Fettleberhepatitis (NASH)
ist die neue Volkserkrankung in Deutschland und geht mit hohen Risiken einher: Direkt aus der Fettleberhepatitis kann ohne Zirrhose ein hepatozelluläres Karzinom entstehen. Außerdem ist die NAFLD/NASH ein wichtiger kardiovaskulärer Risikofaktor (prothrombogener Status). Bei diesen Patienten sollte in Kooperation mit Kardiologen auf eine Senkung des kardiovaskulären Risikos hingearbeitet werden.
Leberzirrhose
Betablocker müssen bei dekompensierten Leberzirrhose-Patienten abgesetzt werden, da ansonsten ein hohes Risiko für Kreislaufschock und Nierenversagen besteht.