Herzpatienten und Sexualität

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Prof. Dr. Christian Holubarsch
Klinik für Kardiologisch-Internistische Rehabilitationen
Park-Klinikum Bad Krozingen
Klinik Lazariterhof
Herbert-Hellmann-Allee 38
79189 Bad Krozingen
Tel. 07633 936871

 

Prof. Dr. Christian Holubarsch ist Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Internistische Intensivmedizin, Sportmedizin, Sozialmedizin und Chefarzt des Park-Klinikums Klinik Lazariterhof, Abt. Innere Medizin.  

 „Everything you wanted to know about sex
(but were afraid to ask)“

Sexualität ist Lebensqualität – nicht nur für Gesunde, sondern auch für Patienten nach Infarkt und mit Herzinsuffizienz. Umso erschreckender ist die Tatsache, dass dieses Problem bei kardialen Patienten weder vom Hausarzt noch vom Kardiologen hinreichend besprochen wird. Einer Umfrage zufolge wurden nur 4% aller Arteriosklerosepatientinnen von ihrem Arzt zu ihrer sexuellen Funktionsfähigkeit befragt; bei den Männern waren es immerhin 25%. Gerade Frauen gegenüber scheint die Hemmschwelle der Ärzte bezüglich solcher Gespräche also sehr hoch zu sein.

Dabei möchten Herzpatienten alles über Sex wissen – sie trauen sich nur nicht, danach zu fragen. Immerhin berichten 50 bis 60% aller Menschen nach einem Herzinfarkt über nachlassende sexuelle Aktivität und Zufriedenheit – und zwar häufiger Frauen als Männer und öfter jüngere Patienten als ältere. Hauptgrund für die Abnahme der sexuellen Aktivität ist die Angst vor einem weiteren Infarkt und Herztod.

Diese Angst ist zumeist unbegründet, denn physiologische Messungen zeigen, dass Sex weniger herz- und kreislaufbelastend ist als Golf oder Gartenarbeit. Ein plötzlicher Herztod bei Geschlechtsverkehr ist ausgesprochen selten, betrifft überwiegend Männer und dies zumeist bei außerehelichem Geschlechtsverkehr. Alkoholkonsum und zu reichliches Essen vor dem Geschlechtsakt erhöhen das Risiko. Hierüber sollten Ärzte ihre Patienten aufklären.

Weitere Ursachen für sexuelle Probleme bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind übergroßer Beschützerinstinkt der Partnerin (63% aller Fälle), Angst der Partnerin vor Geschlechtsverkehr (36%), mangelndes sexuelles Interesse (42%), Erektionsprobleme (74%) und Orgasmusschwierigkeiten (51%).

Insbesondere bei Herzinsuffizienz sind sexuelle Probleme häufig; solche Patienten leiden zu 90% an einer erektilen Dysfunktion. Die Ursachen sind Arteriosklerose, endotheliale Dysfunktion, Verminderung von Herzminutenvolumen/Belastungstoleranz und Depressionen. Auch bestimmte Medikamente können zu sexuellen Problemen beitragen; Ärzte sollten daher statt Thiaziddiuretika lieber Schleifendiuretika, statt Spironolacton Epleneron, statt herkömmlichen Betablockern wie Metoprolol oder Bisoprolol vasodilatierende Betablocker wie z.B. Carvedilol oder Nebivolol verordnen und Digoxin absetzen. Falls dies nicht hilft, kann man dem Patienten einen Phosphodiesterasehemmer verordnen, allerdings nur, wenn er kein Nitratpräparat einnimmt, da diese Medikamente miteinander interagieren. Nach Einnahme von Sindenafil muss der Patient für 24 h die Anwendung von Nitraten vermeiden (bei Tadalafil wegen der längeren Wirkungsdauer dieses Medikaments sogar für 48 h).

MZ