Problemfälle aus und für die Praxis Vortrag 2015

 
 
Prof. Dr. med. Eike Walter
Klinik für Innere Medizin IV
Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen
Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Freiburg
Sonnhaldenstr. 2, 78166 Donaueschingen
Tel.: 0771-885311
Fax: 0771 885550
Prof. Dr. med. Eike Walter ist Direktor der Klinik für Innere Medizin IV am Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen. Er ist berühmt für seine Fallvorstellungen.
 
 Prof. Walters Problemfälle sind schon seit Jahren ein berühmtes und beliebtes Highlight der Fortbildungsveranstaltung „Medizin aktuell“.
Die zwei Fälle, die er diesmal vorstellte, zeigen, dass wir in unserer ärztlichen Vorgehensweise gar nicht gründlich genug sein können:
Die erste Patientin stellte sich am 30.12.2014 mit Rückenschmerzen und Schwäche in beiden Beinen in der Notaufnahme des Schwarzwald-Baar Klinikums vor. Ihr Zustand verschlechterte sich immer mehr (zunehmende Rückenschmerzen und Schmerzen in den Beinen, Schwäche in allen Extremitäten), bis bei ihr schließlich eine schwere Hypokaliämie mit Rhabdomyolyse und nach weiteren diagnostischen Maßnahmen ein Conn-Syndrom (16 mm messendes Aldosteron-produzierendes Adenom der Nebennierenrinde) festgestellt wurde, welches nun mit einer antihypertensiven Therapie und Operation des Adenoms therapiert wird.
Diese Patientin hatte schon seit langem unter einer schwer einstellbaren arteriellen Hypertonie gelitten, deren Ursache sich nicht klären ließ. Durch eine gründliche Abklärung ihres Bluthochdrucks hätte man die Erkrankung der Patientin schon lange vorher diagnostizieren und ihr auf diese Weise viel Leid ersparen können. (6 wichtige diagnostische Maßnahmen bei schwer einstellbarer arterieller Hypertonie: Duplex-Sonografie der Nierenarterien; Metanephrine im Serum, TSH und Aldosteron-Renin-Quotienten bestimmen; Untersuchung auf Proteinurie zwecks Ausschluss einer Nierenerkrankung; Abklärung auf Vorliegen einer obstruktiven Schlafapnoe!) Der zweite Patient musste am 7. September 2014 wegen Teerstuhl notfallmäßig ins Schwarzwald-Baar Klinikum aufgenommen werden. Die Vorgeschichte: Schon neun Monate zuvor, im Januar 2014, waren bei ihm schwere obere gastrointestinale Blutungen aus Fundusvarizen aufgetreten; bei dieser Gelegenheit hatte man bei ihm eine nicht-zirrhotische portale Hypertension und Splenomegalie festgestellt. Zehn Jahre vorher war bei dem Patienten im Rahmen einer Knochenmarkspunktion eine chronische idiopathische Myelofibrose diagnostiziert worden. Im Juni 2014 musste er erstmals wegen einer oberen gastrointestinalen Blutung aus Fundusvarizen ins Schwarzwald-Baar Klinikum eingewiesen werden, die mit einer Histoacrylverklebung behandelt wurde; anschließend wurde der Patient wieder entlassen.
Am 7.9. kam er nun mit einer erneuten Fundusvarizen-Blutung und Teerstuhl ins Schwarzwald-Baar Klinikum und erhielt eine Bluttransfusion; in der darauffolgenden Nacht litt er unter schwallartigem blutigem Erbrechen. Da eine endoskopische Blutstillung nicht möglich war, wurde dem Patienten eine Linton-Nachlas-Sonde eingelegt, wodurch es gelang, die Blutung zu stillen. Nachdem ihm jedoch nach erneutem blutigem Erbrechen eine zweite Linton-Nachlas-Sonde eingelegt werden musste, kam es durch eine Dislokation des Ballons zur Ösophagus-Perforation mit langstreckiger Ruptur. Trotz Einlage eines Ösophagus-Stents und vorübergehender Stabilisation verstarb der Patient am 24.9.2014. Fazit: Durch eine genaue Analyse des Problems und eine konsequente Behandlung der Fundusvarizen (TIPS-Implantation; Embolisation der Varizenkonvolute in der Magenwand über einen transjugulären Zugang) wäre der Tod des Patienten möglicherweise vermeidbar gewesen. Dies war jedoch sowohl im UK Freiburg als auch im Schwarzwald-Baar Klinikum versäumt worden.