Schlafmedizin Vortrag 2015

Dr. Hans-Günter Weeß
Leitung Interdisziplinäres
Schlafzentrum und Vorstandsmitglied der DGSM
Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie
Weinstraße 100, 76889 Klingenmünster

Tel.: 06349 900-2180
Fax: 06349 900-2189
hans-guenter.weess@pfalzklinikum.de
www.pfalzklinikum.de

 

Die Schlafmedizin ist ein zunehmend wichtiges Teilgebiet der inneren Medizin. Sie sollte aber nicht mit der Diagnostik und Therapie schlafbezogener Atemstörungen gleichgesetzt werden; es gibt über 50 verschiedene Schlafstörungen, und am häufigsten ist nicht die obstruktive Schlafapnoe, sondern die Insomnie: Schlafstörungen sind der dritthäufigste Grund für Arztbesuche. Laut einer aktuellen Studie leiden zirka 5,7 % der Bevölkerung in Deutschland an einer behandlungsbedürtigen Ein- oder Duchschlafstörung; 21,9 % aller Deutschen haben eine schlechte Schlafqualität – mit katastrophalen Auswirkungen; denn ein chronisches Schlafdefizit schwächt das Immunsystem, erhöht das Risiko für Krankheitstage (3-fach erhöht), Unfälle (Sekundenschlaf!) und kardiovaskuläre Erkrankungen und verkürzt die Lebenserwartung. Außerdem erhöhen Insomnien das Risiko für psychiatrische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch. Die häufigsten Ursachen von Insomnien sind psychosozialer Art (Stress, Alltagsrobleme, nächtliches Grübeln); auch Fehlverhaltensweisen (z.B. abendliches Einschlafen vor dem Fernseher, das den „Schlafdruck“ für die Nacht verringert) spielen eine wichtige Rolle. Die am häufigsten verschriebenen Medikamente (Benzodiazepine und die neueren „Z-Substanzen“ (Zolpidem, Zopiclon und Zaleplon) haben nur wenige Nebenwirkungen auf innere Organe, aber dafür ein hohes Abhängigkeitspotenzial und sollten daher nur kurzfristig eingesetzt werden. Sekundäre Schlafmittel wie Antidepressiva oder Neuroleptika haben dagegen kein Abhängigkeitspotenzial, aber dafür diverse unerwünschte Nebenwirkungen, v.a. bei älteren, multimorbiden Patienten. Außerdem bekämpft man mit Schlafmitteln lediglich die Symptome, nicht aber die Ursache(n) der Schlafstörung. Sinnvoller und mit besseren Langzeiteffekten verbunden ist es, den Patienten schlafförderliche Verhaltensweisen („Schlafhygiene“) zu vermitteln: abendliches Abschalten, Entspannungsübungen, Einschlafrituale etc. Immer mehr Schlafzentren bieten „Schlafschulen“ bzw. Schlafseminare für schlafgestörte Patienten an, in denen diese auf der Basis von Verfahren der kognitiven Verhaltenstherapie (z.B. Stimuluskontrolle, Schlafrestriktion, Entspannungsverfahren) lernen, wieder besser zu schlafen. Rund zwei Drittel sprechen gut auf solche Maßnahmen an; für das restliche, schwer schlafgestörte Patientendrittel gibt es stationäre Behandlungskonzepte, in deren Rahmen die Patienten verhaltenstherapeutisch und zusätzlich medikamentös behandelt werden.