Sportmedizin Vortrag 2015

 

Univ.-Prof. Dr. Martin Halle
Zentrum für Prävention, Ernährung und Sportmedizin
Klinikum rechts der Isar
Technische Universität München
Ismaninger Str. 22; 81675 München

 

 

 

Prof. Halle brachte neue sportmedizinische Erkenntnisse vom ESC-Kongress in Barcelona mit: Intensive körperliche Aktivität hat einen ebenso hohen präventiven Wert wie moderate körperliche Belastung und ist auch für Patienten mit Herzerkrankungen und in der Reha durchaus sinnvoll! Der durchschnittliche Bundesbürger bewegt sich gerade einmal 800 Meter pro Tag; 48% aller Deutschen sind körperlich überhaupt nicht aktiv. Dabei kann man bereits durch 30 Minuten Spazierengehen (moderate Belastung) pro Tag eine 20%-ige Risikoreduktion für kardiovaskuläre Ereignisse erreichen. Bei Typ-2-Diabetes kann man mit körperlichem Ausdauertraining eine genauso positive Wirkung auf den HbA1c-Wert erzielen wie durch ein orales Antidiabetikum. Aber wer hat heutzutage schon jeden Tag eine halbe Stunde Zeit?
Neue sportmedizinische Erkenntnisse zeigen: Nicht die Dauer, sondern die Intensität ist entscheidend! 8 Minuten intensive körperliche Aktivität sind ebenso wirksam wie 30 Minuten moderate Belastung. Deshalb sollten Ärzte ihren Patienten statt des Spazierengehens oder Joggens lieber ein Intervalltraining empfehlen. Sehr empfehlenswert ist z.B. das sogenannte Trip-trap-Training: Laufen in kurzen Trippelschritten im Wechsel mit Walken. Durch das Laufen auf dem Fußballen ist die Belastung der Muskulatur wesentlich höher; man erreicht dadurch eine stärkere Gewichtsabnahme und insbesondere einen stärkeren Rückgang des viszeralen Fettgewebes. Blutglukosespiegel und Insulinresistenz verbessern sich nur bei diesem Trip-trap-Training, während sie bei moderatem Training gleich bleiben. Bessere Effekte zeigen sich auch im Hinblick auf die Blutdrucksenkung: Moderates Training bewirkt im Mittel eine Senkung von 5 mmHg; das Trip-trap-Training hat eine deutlich augsgeprägtere blutdrucksenkende Wirkung. Und da die Knie dabei angewinkelt sind, ist dieses Training auch für Patienten mit Kniebeschwerden möglich. Bisher war man der Ansicht, dass eine moderate körperliche Belastung für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie KHK oder Herzinsuffizienz besser geeignet ist als ein intensives Training. Neue Untersuchungen zeigen jedoch, dass ein Intervalltraining mit intensiverer Belastung selbst bei Patienten mit kardialen Assist-Systemen, die auf der Warteliste für eine Herztransplantation stehen, möglich ist, ohne das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse zu erhöhen, sodass das zukünftige Konzept (im Gegensatz zur derzeitigen Auffassung: Moderates Training bringt hohen Benefit bei niedrigem Risioko) vermutlich lauten wird: Intensitätserhöhung erhöht den Benefit, wobei das Risiko höchstwahrscheinlich gleich bleibt. Die Leitlinien 2020 könnten also folgendermaßen aussehen: Körperliches Training in der Prävention 3x pro Woche 15 Minuten lang hochintensiv und in der kardiovaskulären Rehabilitation jeden Tag 15 bis 20 Minuten lang moderat bis intensiv. Wichtig ist es, dem Patienten nicht einfach nur zu sagen: „Bewegen Sie sich mehr“, sondern konkrete Empfehlungen für körperliche Aktivität zu geben und diese auch in Rezeptform aufzuschreiben. Geben Sie Ihren Patienten ein Bewegungstagebuch und einen Schrittzähler mit!