Prof. Dr. med. Bernhard Hellmich
Allgemeinarzt, Vorsitzender der
Kreisärzteschaft Esslingen
Hindenburgstr. 55; 73760 Ostfilden
Gicht
Risiko und Stadieneinteilung
Das Risiko, an einer Gicht zu erkranken, ist bei chronischer Niereninsuffizienz und metabolischem Syndrom erhöht. Doch nicht jeder Mensch mit einer Hyperurikämie bekommt auch einen Gichtanfall. Nur 22% aller Menschen mit Serumharnsäurewerten über 9,0 mg/dl erleiden innerhalb der nächsten 5 Jahre einen Gichtanfall.
Es gibt eine neue Stadieneinteilung für die Gicht, die die verschiedenen klinischen Ausprägungsgrade sehr gut widerspiegelt:
Gichtarthritis: Klinische Symptomatik
Die chronische Gicht kann mit ähnlichen Symptomen einhergehen wie eine rheumatoide Arthritis. Differenzialdiagnosen einer akuten Gichtarthritis:
Es gibt auch eine Gicht mit Manifestationen an der Haut (tophöse Gicht), bei der es bei fortbestehender Hyperurikämie zur Ablagerung von Natriumurat-Depots in Form von periartikulären und Weichteil-Tophi kommt.
Gichtarthritis: Diagnose
Wenn eine Gelenkpunktion nicht möglich ist, muss die Diagnose anhand der klinischen Merkmale (Score zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Gichtarthritis siehe Janssen et al., Arch Intern Med 2010; 170: 1120–1126) oder mit bildgebenden Verfahren (Arthrosonografie, Dual Energy-CT) gestellt werden.
Polymyalgia rheumatica
Häufigkeit und Erkrankungsalter
Bei der Polymyalgia rheumatica handelt es sich um eine der häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (Inzidenz: 40–50 Neuerkrankungen/Jahr in Nordeuropa). Sie wird mit zunehmendem Alter häufiger; unter einem Alter von 50 Jahren tritt sie praktisch nicht auf, der Erkrankungsgipfel liegt um das 70. Lebensjahr herum. Jeder 2. bis 3. Patient leidet gleichzeitig auch unter einer assoziierten Vaskulitis.
Diagnostik
Diagnosekriterien nach Bird (1979):
Die Diagnose einer PMR ist wahrscheinlich, wenn drei oder mehr der o.g. Kriterien erfüllt sind. Breite Differenzialdiagnose:
Es handelt sich um eine rein klinische Diagnose (es gibt keine krankheitsspezifischen Antikörper).
Neues gibt es bei der Diagnostik durch bildgebende Verfahren: Man weiß inzwischen, dass v.a. Schleimbeutel und Sehnen betroffen sind. Zwei typische Leitbefunde einer Polymyalgia rheumatica sind die Bursitis subdeltoidea und die Tendovaginitis der langen Bizepssehne. Diese beiden Befunde lassen sich arthrosonografisch sehr gut darstellen. Sie sind auch in die neuen Klassifikationskriterien der ACR/EULAR für eine PMR eingeflossen (Score siehe Dasgupta B et al., Arthritis Rheum 2012; 64; 943–54).
Riesenzellarteriitis
Symptomatik
Bei vielen Patienten geht die Polymyalgia rheumatica mit einer Riesenzellarteriitis (RZA) einher. Die RZA wird als Großgefäßvaskulitis klassifiziert. Ihre klinische Ausprägung ist sehr unterschiedlich: Die klassische Manifestation einer RZA ist die Arteriitis temporalis mit temporalen Kopfschmerzen, manchmal auch mit belastungsabhängigen Kauschmerzen (Kauclaudicatio) und Visusstörungen (Amaurosis fugax). Inzwischen wissen wir, dass eine Riesenzellarteriitis auch die Aorta und die aortennahen Gefäße betreffen kann. Bei der extrakraniellen Arteriitis können ganz andere Symptome auftreten: PAVK-Symptomatik der Arme mit Claudicatio, Pulsabschwächung, manchmal auch Rückenschmerzen.
Klinische Leitbefunde:
Folgen einer Arteriitis peripherer Gefäße bei RZA
Aortitis bei RZA
Wenn nur oder überwiegend die Aorta betroffen ist, treten wiederum andere Symptome auf: Diese Patienten leiden häufig unter Fieber unklarer Genese, Gewichtsverlust, Abgeschlagenheit. Auch bei solchen Symptomen sollte man an eine Riesenzellarteriitis denken; denn wenn man diese übersieht und die Aortitis über Jahre fortläuft, treten irgendwann strukturelle Veränderungen auf: Das Risiko eines Aortenaneurysmas im Thoraxbereich ist dann z.B. bis zu 17-fach erhöht. Patienten mit einer Aortitis bei RZA haben eine schlechtere Prognose (5-fach erhöhte Mortalität im Vergleich zu Patienten ohne Aortitis).
Diagnostik bei RZA
Labordiagnostik:
Wichtig für die Diagnostik: Farbduplexsonografie der Arteria temporalis
Das MRT eignet sich v.a. für die Stenosediagnostik; die Sensitivität des MRTs ist bei der RZA nicht ganz so gut, daher ist die Methode der Wahl heute das PET-CT (sensitivstes diagnostisches Verfahren zum Nachweis einer extrakraniellen RZA).
Zusammenfassung
Gicht:
Polymyalgia rheumatica:
Riesenzellarteriitis: